Glauchau
Langlebig und wieder angesagt
Bei vielen Besuchern dürften Erinnerungen geweckt werden, wenn sie durch die Ausstellung „OSTFORM – Funktional und langlebig – Formgestaltung in der DDR“ spazieren. Denn in der Sachsenlandhalle Glauchau haben die Kuratoren der Schau, Sybille und Thomas Heinicke, mehr als 200 Alltagsobjekte aus der DDR zusammengetragen – von technischen Geräten wie Fernseher und Schreibmaschine über den Simson Roller SR 50 bis hin zu Möbelstücken. Die Exponate stammen aus Privatbesitz, dem Antiquitäten- und Internethandel, aber auch vom Straßenrand oder aus Containern. Dass sie im Gegensatz zu heutigen Produkten extrem langlebig waren, fasziniert auch Sybille Heinicke: „80 Prozent der damaligen technischen Geräte aus den verschiedenen Bereichen funktionieren bis heute – teils bis 60 Jahre nach ihrer Entstehung.“
Inspiriert vom Bauhaus
Neben der Langlebigkeit ist die Funktionalität ein weiteres Merkmal der Alltagsgegenstände aus DDR-Zeiten. Die ausgebildeten Formgestalter – heue würde man sie Designer nennen – arbeiteten nach dem Bauhaus-Motto, wonach die Form der Funktion folgt. „Zahlreiche Bauhäusler wie Franz Ehrlich, Selman Selmanagić und Mart Stam lehrten nach 1945 an den Kunstschulen in Berlin und Dresden und beeinflussten die Generationen nach ihnen mit ihren bauhäuslichen, funktionalen Gedanken und Entwürfen. Wichtig waren auch die zahlreichen Frauen wie Margarethe Jahny, Christa Petroff-Bohne oder auch Hedwig Bollhagen, die aufgrund ihrer Ausbildung eine gleichberechtigte Stellung in den Gestalterkollektiven, aber auch als Einzelpersonen, einnahmen. Dies war bis in die 1980er Jahre durchaus nicht international üblich und gewollt“, erzählt Sybille Heinicke.
Eines von zahlreichen Objekten, die zu bestaunen sind, ist der sogenannte Schaukelwagen des international bekannten Bildhauers Prof. Hans Brockhage, der sich der Tradition des Bauhauses verpflichtet fühlte. Hier kommen Funktionalität und Ästhetik auf vollendete Art zusammen, weshalb das Spielgerät vielfach prämiert und bei Sotheby’s versteigert wurde. Ein weiteres Beispiel ist die heute legendäre Thermoskanne von Margarete Jahny – von der Zeitung „taz“ als die „schönste Kanne der Welt“ bezeichnet.
Der Rohstoffmangel als Herausforderung
Doch Gestalter in der DDR mussten auch mit dem steten Mangel an Rohstoffen umgehen und immer wieder Kompromisse eingehen. Dies hatte allerdings nicht nur negative Folgen, wie Sybille Heinicke betont: „Die Formgestalter schufen reparaturfreudige und reparierbare Objekte in allen Bereichen sowie eine zeitlose Gestaltung und Technik. Es kam aber auch vor, dass die hohe Qualität eines Entwurfs auf dem Weg zur Serienproduktion verloren ging bzw. ein schlichter weißer Porzellan-Entwurf durch zusätzliche Ornamente dem Handel angepasst werden sollte.“
Nach der Wende meist verschmäht, erlebt das DDR-Design mittlerweile eine Renaissance: So stellen sich junge Leute eine DDR-Schrankwand ins Wohnzimmer und auch viele Museen im In- und Ausland erkennen den gestalterischen Wert dieser Gegenstände und zeigen sie in ihren Ausstellungen.
Ausstellung: „OSTFORM – Funktional und langlebig – Formgestaltung in der DDR“
noch bis 30. August 2020
Sachsenlandhalle Glauchau, An der Sachsenlandhalle 3, 08371 Glauchau
Öffnungszeiten: Do – So 10.00 – 17.00 Uhr
Mehr Informationen: www.sachsenlandhalle-glauchau.de