ibug 2020: Kunstwerk von Loomit auf dem Außengelände des ehemaligen Königlichen Krankenstifts in Zwickau (Foto: KdFS)ibug 2020: Kunstwerk von Loomit auf dem Außengelände des ehemaligen Königlichen Krankenstifts in Zwickau (Foto: KdFS)

Zwickau

Ein Galerierundgang der besonderen Art

Das Urban-Art-Festival ibug ist am 28. August in Zwickau eröffnet worden. Wir waren dabei.

Vor dem ehemaligen Königlichen Krankenstift in Zwickau, direkt neben dem Busbahnhof, warten bereits Neugierige. Es ist Freitagnachmittag und die 15. ibug – kurz für Industriebrachenumgestaltung – öffnet in anderthalb Stunden offiziell ihre Tore. Wir gehören zu den ersten, die an einer Führung über das Gelände des Festivals für urbane Kunst teilnehmen können. Wegen der Corona-Pandemie sind es nur ein Dutzend Gäste pro Führung, obwohl das Interesse riesengroß war. Unsere Guides sind Falk und Christin, zwei langjährige ibug-Mitstreiter. Falk war selbst schon als Künstler auf der ibug dabei. Beide freuen sich, dass es jetzt endlich losgeht. Und so betreten wir das Gelände des ehemaligen Krankenstifts, in dem ab 1845 viele Industriearbeiter aus der Region Zwickau behandelt wurden. Seit den 1990er Jahren steht es nun schon leer.

Gleich im Eingangsbereich das erste Werk: Der Künstler Zone hat an der Wand Handtaschen fein säuberlich nach Farben sortiert aufgehängt. Ein Zufallsfund, erzählt Christin. In einem der Räume lagen unzählige Damenhandtaschen auf dem Fußboden. Wie die wohl dahin kamen? Vielleicht gehörten sie einem zwielichtigen Händler, der hier in den 1990er Jahren ein illegales Lager hatte ... Man wird es wohl nie herausfinden. Die Treppe nach oben kommen wir an einem riesigen Käfer vorbei, den Elisabeth Wolf an die Wand gemalt hat, und gelangen in den ersten Stock. Wir bewegen uns wie durch eine Galerie, in der Installationen, Wandmalereien und Graffitikunst vereint sind. Der Putz bröckelt und Tapetenbahnen wellen sich von den Wänden herab, doch die Gardinen hängen noch wie eh und je vor den Fenstern. Vieles erinnert hier an vergangene Zeiten. In einem Raum bricht ein Ahornbaum durch den Fußboden und stößt fast an die Zimmerdecke – das Kunstwerk ist ein Symbol dafür, wie sich die Natur auf Industriebrachen ihren Raum zurückerobert. Und auch die vielen Wandmalereien und Graffiti in den Fluren und ehemaligen Behandlungsräumen spielen mit den örtlichen Gegebenheiten, üben oftmals Gesellschaftskritik und machen das Gebäude tatsächlich zu einer Galerie, zu einem Gesamtkunstwerk.

20 ausgewählte Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland haben hier in den letzten Wochen an ihren Werken gearbeitet. Eigentlich hätte das Festival einige Nummern größer werden sollen. Ohne Corona wären 120 Künstler aus der ganzen Welt angereist, wie Christin erzählt. Wer welchen Raum bespielen kann, wird bei der ersten Begehung festgelegt. Einige Künstler kommen bereits mit einem Konzept und konkreten Ideen an, die sie nur noch umsetzen müssen. Andere lassen sich vom Ort inspirieren und setzen ihre Kreativität spontan um. Viele arbeiten am liebsten nachts, so auch Yves Paradis, der schon mehrfach auf der ibug vertreten war. Bei ihm ist Malen ein Prozess: In vier oder fünf Nächten hat er eine Wand immer wieder übermalt und jeden Schritt fotografisch festgehalten. Alle Fotos hintereinander ergeben einen erstaunlichen Trickfilm, der nur auf den ersten Blick wie ein Kinderfilm daherkommt, beim genaueren Hinsehen aber eine gesellschaftskritische Sicht offenbart (den Film gibt es auf Instagram unter yvesparadisartist). Eindruck hinterlässt auch die Installation von Eusepia Lehe, die sich mit der Vergänglichkeit und dem Tod auseinandersetzt.

Zum Schluss führen uns Christin und Falk noch über das Außengelände, wo weitere Werke zu sehen sind. Einige Künstler sind sogar noch am Werkeln. „Wir arbeiten jedes Jahr bis zum Anschlag. Oft werden die Künstler erst kurz vor der Eröffnung fertig“, sagt Falk. Das Außengelände ist übrigens auch für diejenigen zugänglich, die keine Führung gebucht haben. Vor dem Eingang warten bereits die nächsten Besucher auf den Start ihrer Führung. Wir machen uns hingegen noch auf den Weg in die Seilerstraße, wo am Club Seilerstraße und an der Kulturweberei zwei große Wandgemälde von Guido Zimmermann und Loomit einen spannenden Kontrapunkt zur dortigen Industriearchitektur bilden.

ibug – Festival für urbane Kunst, Sonderedition 2020
28. bis 30. August und 4. bis 6. September
Ort: Ehemaliges königliches Krankenstift Zwickau
Eingang: Stiftstraße/Spiegelstraße beim Zentralbusbahnhof
Öffnungszeiten: Fr 15.00 - 19.00 Uhr, Sa und So 11.00 - 19.00 Uhr
Der Eintritt ist frei

Achtung: Die Innenräume des ehemaligen königlichen Krankenstifts sind mit einer gebuchten Führung zu besichtigen. Die Tickets dafür sind jedoch bereits ausgebucht.
Mehr Informationen: www.ibug-art.de

 

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