17.10.2020
Zwischen Heimarbeit und Wirtschaftskrise - Wilhelm Ostwald als "Farbenfabrikant", Ein Vortrag zum "Jahr der Industriekultur in Sachsen" von Dr. Albrecht Pohlmann, Referatsleiter Zentrale Restaurierung im Kunstmuseum Moritzburg, Halle
Gerda und Klaus Tschira Stiftung
Grimmaer Str. 25
04668 Grimma/OT Großbothen
Der Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald war ein bekennender Fortschrittsfreund; Technik und Industrie betrachtete er als angewandte Wissenschaft. Er meldete zahlreiche Patente an, mit denen er - wie beim Verfahren zur Salpetergewinnung - wirtschaftliche Gewinne erzielen wollte. Relativ unbekannt ist geblieben, dass Ostwald selbst zum "Industiellen" wurde: Und zwar in dem Moment, als er seine 1914 begonnene Farbenlehre praktisch veranschaulichen wollte. Die damals üblichen Farbdruckverfahren waren nicht imstande, seine gemessenen Farbtöne genau wiederzugeben. So errichtete er 1920 im hiesigen Haus Werk einen Betrieb, die sogenannten Energie-Werke, zur Anfertigung all seiner Farbmuster, Farbatlanten Farborgeln. Neben örtlichen Hilfskräften beschäftigte Ostwald in seinem Manufakturbetrieb auch Familienmitglieder. Nach der Inflation zog Ostwald sein Unternehmen im großen Stil auf: Zusammen mit anderen Geldgebern gründete er die Wilhelm-Ostwald-Farben-A.G. (WOFAG) - leider ein wirtschaftlicher Misserfolg, den die Weltwirtschaftskrise 1929 zusätzlich befeuerte. Seine "Werkstellen für Farbkunde" leisteten hingegen wesentliche Beträge zur Farbanwendung in Industrie und Handel, die auf die gesamte sächsische Industrie ausstrahlten. Anhand zahlreicher neuer Quellen entwirft der Vortrag erstmals ein anschauliches Bild des "Farbenfabrikanten" Wilhelm Ostwald mit all seinen Erfolgen und Misserfolgen.