KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum
07.03.2020 - 26.07.2020

INDUSTRIE IN BILDERN

KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU
Max-Pechstein-Museum, Lessingstraße 1

Schachtanlagen, Fabriken und Bergbaulandschaften – den Prozess der sächsischen Industrialisierung und den schweren Arbeitsalltag der Menschen begleiteten zahlreiche Künstler mit Stift und Pinsel. Im Jahr der Industriekultur widmen sich die KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum in der Sonderausstellung INDUSTRIE IN BILDERN den historischen Industrieansichten und -darstellungen der Region sowohl auf Leinwand als auch auf Papier. So sind rund 60 Ansichten zu sehen, die jene rasante wirtschaftliche Entwicklung wie auch die damit verbundenen extremen Veränderungen in der Landschaft – mit rauchenden Schornsteinen, Fördertürmen und Halden – vom frühen 19. bis ins späte 20. Jahrhundert hinein, eindrucksvoll belegen. Ausgestellt sind u.a. Werke von Johannes Dinter, Albert Schwarz, Edgar Klier, Karl-Heinz Jakob und Max Pechstein.

Auch die 60-teilige Holzschnittfolge von bergmännischen Darstellungen Heinz Fleischers, die Ende der 1940-er entstanden ist, zeigt die Zwickauer Industrie- und Bergbaugeschichte des früheren „Rußzwicke“, die tatsächlich der Vergangenheit angehört und heute vielleicht nur noch in der begrünten Haldenlandschaft und wenigen Denkmalen zu erahnen ist. Ergänzt wird die Schau mit 40 unterschiedlichen Mineralien aus der Privatsammlung des Zwickauers Lutz Zenner und mit 10 Zeichnungen, die der Sammler von seinen schönsten Mineralien, wie etwa große glänzende Quarzkristalle und farbenprächtige Kristallstufen, selbst anfertigte.

 

Das schwarze Gold

 

Die sächsische Industrialisierung ist untrennbar mit dem Abbau der Steinkohle im Zwickau-Oelsnitzer Revier verbunden. Die Nutzung der Steinkohle ist schon im Jahr 1348 nachweisbar. Jahrhundertelang bauten die Kohlebauern im Winter unter ihren Feldern die relativ tagesnah liegende Steinkohle ab. Seit den 1830er-Jahren wurde der Steinkohlenabbau zunehmend industriell betrieben, befördert durch den Siegeszug der Dampfmaschine und die Entwicklung des Eisenbahnwesens.

 

Für die Überwindung der begrenzten Fördermengen in den historisch kleinen privaten Schachtanlagen war die Konzentration von Kapital zum Aufbau leistungsstarker Bergbaubetriebe eine entscheidende Voraussetzung für die weitere ökonomische und strukturelle Entwicklung der Stadt Zwickau und darüber hinaus. Im großen Umfang folgten den Bergbauunternehmen Betriebe der verarbeitenden Industrie wie Hüttenwerke, Kokereien, Betriebe zur Versorgung des Bergbaus, Betriebe des Maschinenbaus, der Textil-, Porzellan- und Keramikindustrie und des Automobilbaus. Das führte bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zu einem rasanten Anstieg der Einwohnerzahl in Zwickau bis zu fast 140.000 Menschen. Das Bild der Region bestimmten nun die Schacht- und Kokerei-Anlagen, die Fördertürme und Halden sowie zahlreiche Fabriken mit ihren rauchenden Schornsteinen.

Mit der Einstellung der Steinkohlenförderung (1978) und der Stilllegung der Zwickauer Kokerei-Anlagen (1992) veränderte sich das Landschaftsbild erneut. Dennoch ist die bestimmende industrielle Kraft der Bergbauunternehmen links und rechts der Zwickauer Mulde noch heute in der „Industrielandschaft“ zu spüren.

 

Schacht, Schlot, Schicht. Bilder nach 1945

 

Mehr als andere Städte der Region bezog Zwickau seine Lebenskraft aus dem Steinkohlenbergbau. In einem historischen Zeitraum von weit über 650 Jahren wurden rund 220 Millionen Tonnen Steinkohle aus einer nicht mehr zu bestimmenden Anzahl von Schachtanlagen gefördert. Die damit verbundenen Veränderungen in Natur und Gesellschaft und das harte Leben der Bergarbeiter und der Menschen in den zahlreichen Fabriken gehörten zum Themenkreis vieler Künstler, besonders auch nach 1945. In der jungen DDR diente die Gestaltung eines „neuen Menschen“ in der realistischen Kunst vor allem dem sozialistischen Aufbau und der Bergmann wurde geradezu zum Sinnbild eines strahlenden, optimistischen „Helden der Arbeit“.

Die Zwickauer Bergbau- und Industriegeschichte ist deshalb nicht nur mit bleibenden produktionstechnischen Ergebnissen verbunden, sondern auch mit Künstlern wie Johannes Dinter, Karl Heinz Jakob, Albert Schwarz und vielen Autodidakten, die im Rahmen des künstlerischen Volksschaffens in den Mal- und Zeichen-Zirkeln der Steinkohlenwerke aktiv waren.

 

Heinz Fleischer. Die Grube

 

An den 100. Geburtstag des Zwickauer Grafikers, Malers und Textilgestalters Heinz Fleischer (1920-1975) wird in einem separaten Ausstellungsraum mit dem Holzschnittzyklus „Die Grube“. Diese 60-teilige Folge mit bergmännischen Darstellungen, die Ende der 1940er-Jahre entstanden sind, belegen eindrucksvoll die Zwickauer Industrie- und Bergbaugeschichte.

Der gelernte Bauschlosser Heinz Fleischer (1920-1975) erhielt für seine 60-teilige Holzschnittfolge „Die Grube“ von 1948/49 große Anerkennungen. Vom Gang zur Schicht, über die Grubeneinfahrt bis zur schweren Arbeit vor Ort schilderte Fleischer in kontrastreichen, klaren Kompositionen den Arbeitsalltag der Bergleute und thematisierte ebenso dramatische Situationen wie Grubenunglück und Bergung. Nach schwerer Kriegsverletzung begann Fleischer 1944 in englischer Gefangenschaft mit ersten künstlerischen Werken. Autodidaktisch erarbeitete er sich verschiedene grafische Techniken. Seit 1946 lebte er freischaffend in Zwickau. Besonders im Holzschnitt entwickelte Heinz Fleischer eine bemerkenswert abstrahierende Bildsprache, für die er 1950 mit dem Max-Pechstein-Preis ausgezeichnet wurde.